Habe dieses Posting schon seit ein paar Tagen auf der Liste, aber erst dieser Kommentar aus DIE WELT hat mich dazu ermutigt, es auch zu schreiben.
Worum geht es? Es geht um PEGIDA bzw den öffentlichen Umgang mit dieser – nennen wie sie mal Bewegung.
Zunächst der Name … PEGIDA. PEGIDA steht für ‘Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes‘. Ein sehr provokanter Name, der erst einmal Aufmerksamkeit verschafft – und von vielen Menschen auch mit Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus gleichgesetzt wird.
Ich glaube allerdings, dass es darum nicht geht. Ok, Teilen der PEGIDA-Bewegung geht es genau darum. Sind ja auch einige Rechtsextreme und Neonazis an vorderster ‘Front’ (hier ist mir jetzt kein besserer Begriff eingefallen), aber dem überwiegenden Teil der Demonstrierenden geht es um etwas anderes. Nämlich darum, dass sie mit der gegenwärtigen Politik nicht einverstanden sind und sich von dieser nicht mehr vertreten fühlen. Gabs früher (60er Jahre) schon mal und nannte sich APO. Nur dass es damals um andere Themen ging und überwiegend von Studenten – die sich heutzutage leider gar nicht mehr zu Wort melden – getragen wurde.
Eigentlich müsste PEGIDA daher BdmdgPnesuZwAaih (Bürger-die-mit-der-gegenwärtigen-Politik-nicht-einverstanden-sind-und-Zukunftsängste-welcher-Art-auch-immer-haben) heißen. Schlecht zu merken und doofer Hashtag. #BdmdgPnesuZwAaih
Die meisten wissen doch auch, dass es dem Land guttut, wenn hier eben nicht nur Deutsche leben – und sei es nur der Pizza oder des Döners wegen.
Es geht eben darum nicht um die Ausländer, die hier seit Jahren leben, integriert sind und Freunde gefunden haben, weil sie sich integriert haben.
Die CSU hatte ja vor einigen Wochcn den Vorschlag gemacht, dass “wer dauerhaft hier leben will, dazu angehalten werden soll, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen“. Aufschrei! Entrüstung!
Was ist an der Forderung falsch? Die CSU wollte sicher keine Polizei in die Wohnungen schicken um das zu überprüfen.
Das ist das, was den Leuten auf den Senkel geht. Keine Eier mehr. Weder in der Gesellschaft noch in der Politik.
Ich vermute (und hoffe) auch mal, dass die meisten nichts gegen Kriegsflüchtlinge haben.
Anders sieht es wohl bei Wirtschafts- bzw Armutsflüchtlingen aus. Es ist schwer vermittelbar, dass “wir solche aufnehmen, wo es hier bei uns auch viele gibt, denen es schlecht geht“.
Klar, im Allgemeinen ist Deutschland immer noch ein reiches Land, in dem es den meisten Leuten gutgeht. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Hartz IV, Altersarmut, Tafel-Kunden, …
Dass auch Deutsche im 19. Jahrhundert oder nach dem Krieg ausgewandert sind, wird oft vergessen. Vielleicht braucht es hier einfach mehr Aufklärung und Transparenz bzw Reformen in der Asylpolitik.
Eine weitere Gruppe sind die “kriminellen Ausländer“. Wie oft hört man in den Medien von rumänischen oder bulgarischen Banden, die über die offenen Grenzen kommen und genauso schnell wieder verschwinden?
Das Gefühl der Bedrohung mag zwar war größer sein als die Gefahr, die von ihr ausgeht, aber faktisch ist es vorhanden.
Ich glaube nicht, dass Deutschland grundsätzlich ausländerfeindlich ist oder wird.
Ok, manche Leute mögen keine Ausländer. Andere keine Ossis. Wieder andere keine Schwulen. Die Hälfte der Deutschen mag den FC Bayern nicht. So what. Kann doch jeder denken, was er will – solange er demjenigen keinen körperlichen Schaden zufügt. Sollte man meinen. Ist aber nicht so.
And now for something completely different … Die Bandbreite der politischen Strömungen und Ansichten …
Was ist so schlecht an Parteien jenseits des Mainstreams der Großen Koalition? Wo gibt es überhaupt noch Unterschiede zwischen SPD und CDU oder auch GRÜNE? Die CSU lass ich hier erstmal raus, da die noch Kante zeigt, allerdings nur in Bayern ihr Unwesen treibt.
Es gibt nun einmal rechte und linke Ansichten. Es gibt Konservative und Liberale. Gab es schon immer, und wird es hoffentlich immer geben. Und das ist gut so. Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern. Allerdings wird nur bei uns so ein Gewese drum gemacht. Deutsche Vergangenheit und so. Eine Gesellschaft, die nur aus Gutmenschen besteht, möchte ich mir nicht vorstellen.
‘Früher’ gab es innerhalb der großen Parteien linke und rechte Flügel und Politiker. Von Wehner ganz links bis Strauß ganz rechts. Wo sind die heute? Ok, Wehner und Srauß sind beide tot, aber wo sind die Nachfolger? Stattdessen nur noch Stromlinienpolitiker, die sich um die Mitte scharen. Für was stehen die beiden Volksparteien? In der Mitte ist es schön warm. Komfortabel. Comfort Zone nennt man das wohl heutzutage.
Strömungen und Parteien links und rechts der Mitte werden ausgegrenzt und in die jeweilige Schmuddelecke gestellt. Kein Unterschied zwischen Links und Rechts.
DIE LINKE wird (immer noch) als PDS-Nachfolgepartei hingestellt und als Kommunisten verteufelt, die Deutschland ruinieren wird und den Unrechtsstaat DDR zurückhaben will.
Die Parteien/Strömungen auf der anderen Seite des politischen Spektrums (PEGIDA, AfD) sind alles (Neo-)Nazis. Eine politische Auseinandersetzung, wie man es erwarten sollte, findet nicht statt.
Wähler/Sympathisanten werden als ewiggestrig bezeichnet und beschimpft. Die Wahl des ersten linken Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland (Bodo Ramelow, DIE LINKE, Thüringen) vor einigen Wochen ist ein gutes Beispiel.
Was ist das bitte für ein Demokratieverständnis? Sowohl die Wähler der Linkspartei in Thüringen als auch die der AfD haben ihre politische Meinung kundgetan und entsprechend gewählt. Das möge man bitte akzeptieren. Auch wenn es schwerfällt.
Eine gesunde Demokratie hält das aus. Sowohl rechts als auch links. Weder sind das eine alles Kommunisten noch das andere Nazis. Warum werden die denn gewählt? Offenbar weil es außerhalb der etablierten Parteien auch noch Menschen/Wähler gibt, die andere Ansichten haben.
Auch die Teilnehmer der PEGIDA-Demos haben ein Recht darauf, dass man sich mit ihnen inhaltlich befasst anstatt sie über einen Kamm zu scheren und ihnen den Nazi-Stempel aufzudrücken.
Wenn man das (=sich inhaltlich damit befassen statt ausgrenzen) tut, werden sich die wirklich rechten Anteile bzw deren Anführer auch wieder in ihre Ecke verziehen). Solange man aber die ‘sind alles Nazis’-Schiene weiterfährt, wird sich PEGIDA eher noch verstärken. Stigmatisierung bringt eben nichts. Trotzreaktion und so.
Deutschland wird an PEGIDA nicht zugrundegehen auch wenn es derzeit so gesehen und dargestellt wird.
Wenn man sich die 19-Punkte-Liste von PEGIDA mal durchliest, sind einige Punkte durchaus kritisch zu sehen, aber* bei einigen weiss ich jetzt nicht, was daran schlecht sein soll. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu blauäugig.
Mehr Gelassenheit und weniger Fanatismus (auf beiden Seiten) würde uns an dieser Stelle ganz guttun.
* Aber. Ein Wort, das offenbar nicht mehr gefahrlos verwenden darf. Das gleiche gilt übrigens auch für ‘Das wird man ja wohl noch noch sagen dürfen‘.
2 Beispiele:
“Ich bin kein Nazi, aber …” -> Nazi
“Das wird man ja wohl noch noch sagen dürfen.” -> Nazi
Offenbar darf man eben bestimmte Dinge nicht (mehr) sagen, ohne dass man mit der Nazikeule eine übergebraten bekommt. Das gilt sowohl für ‘einfache Menschen aus dem Volk’ als auch für durchaus in der Gesellschaft/Wirtschaft/Politik angesehene Menschen (Hans-Olaf Henkel, Hans-Werner Sinn), die durchaus wissen von was sie reden und vermutlich nicht im Verdacht stehen, ausländerfeindlich zu sein.
Mir fällt auf, dass Menschen, die Toleranz einfordern, oft sehr intolerant sind und andere Meinungen (seien sie auch unbequem) nicht akzeptieren.
P.S. Zum Schluss noch ein Link zu einem anderen Kommentar zum gleichen Thema. Martenstein im Tagesspiegel – Konservative sind keine Nazis. Kam nur zu spät rein, um ihn noch einzubauen. Triffts aber auch.
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