Sep 28
  Subjektive meinung von andreas am 28.09.2013 um 17:19 uhr

War ja gestern im Kino. Blut muss fließen – Undercover unter Nazis.

Hörte sich im Vorfeld ganz interessant an, aber schon an der Kinokasse war ich etwas ‘verwundert’. 7 Euro für einen Dokumentarfilm, den man sich ja nicht zur Unterhaltung anschaut, wie z.B. ‘Die Reise der Pinguine’ oder ‘Deutschland von oben’ oder sowas in der Richtung.

Selten so einen langweiligen Film gesehen. Ein paar Ausschnitte aus irgendwelchen Konzerten (im In- und Ausland), wo von rechten Bands gewaltverherrlichende Musik gespielt wurde und von (deutschen und internationalen) Neonazis dazu gesungen und (Pogo) getanzt wurde.

Also keine interessanten Interviews aus der Szene, die dem Zweck des Films (Aufklärung über die Neonazi- und deren Musikszene) vermutlich mehr geholfen hätten, als die Konzertausschnitte mit immer wieder denselben Szenen und Texten und die Interviews mit irgendwelchen Leuten von irgendwelchen Bündnissen gegen Rechts.

Außerdem ein paar Schnitte auf irgendwelche Gebäude und Plätze (Feldherrnhalle München, Brandenburger Tor und Reichstag in Berlin, Heldenplatz in Budapest, usw usf), die immer wieder irgendeinen Zusammenhang zur Nazidiktatur herstellen sollten). Auch dir räumliche Näge von Feldherrnhalle zum Bayrischen Innenministerium oder auch eine Berliner Polizeibehörde zu einem Gebäude des Flughafen Tempelhof (O-Ton: Reinste Nazi-Architektur) sollte wohl was aussagen. Hab allerdings nicht verstanden was.

Der Auftritt des Kameramanns/Autors war auch eher unfreiwillig komisch wie er da in seiner fetten Ray Ban, gelbem Jacket und einer großen Umhängetasche aus Kunstlederimitat durch die Szenen stapfte und unter anderem Pressekonferenzen von Beckstein und Schäuble (zur Zeit des Drehs Innenminister von Bayern bzw der Bundesrepublik Deutschland) besuchte. Unauffällig geht anders. Allerdings hat er immer wieder betont, dass er sich ja verkleiden müsse, weil er sonst in Lebensgefahr gewesen wäre. Undercover und so. Fragt man sich natürlich, warum er selbst immer wieder im Film aufgetreten ist. Also ganz bewusst vor(!) der Kamera – obwohl das dramaturgisch und interviewtechisch nicht nötig gewesen wäre.

Scheinbar findet sich der Typ chon recht geil. Anders kann ich mir die vielen (überflüssigen) Close-Ups auf sein Gesicht mit Ray Ban, semmelblonder Perücke und tiefporigem Nasenrücken nicht erklären. Und immer wieder diese gelbe Jacke, die auffälliger nicht sein konnte … Hatte was von Helge Schneider.

Nur Neonazimusik und eine Tournee durch Deutschland, England, Frankreich, Österreich, die Schweiz, Ungarn und Italien, war wohl selbst dem Autor zu dünn, sodass man (etwas zusammenhanglos) noch das NSU-Thema mit reingenommen hat

An diesem Machwerk soll der Journalist Thomas Kuban übrigens 15 Jahre lang undercover im europäischen Neonazi-Milieu recherchiert haben. Dafür war die Information, die der Film rübergebracht, allerdings sehr(!) dürftig.

In der wikipedia wird darauf hingewiesen, dass der Film privat vorfinanziert und von keiner Filmförderung oder Fernsehanstalt unterstützt wurde. Im Abspann des Films wird zudem gemutmaßt, dass niemand dieses heiße Eisen anpacken möchte. Könnte allerdings auch daran liegen, dass der Film einfach nur schlecht ist.

Wichtiges Thema – schlecht umgesetzt. Schade um die Zeit. Und das Eintrittsgeld.

Die anschließende Diskussionsrunde im Kino hab ich mir dann auch nicht mehr gegeben.

 


kommentare : Comments Off on Blut muss fließen – Film

 

Aug 04
  Subjektive meinung von andreas am 4.08.2012 um 14:13 uhr

Eine Sportlerin verlässt das olympische Dorf und reist nach Hause, weil man es ihr ‘nahegelegt’ hat.

Sie hat – soweit ich ich das weiß – niemanden sexuell belästigt, auch nicht mit Drogen gedealt, oder sonstige Verfehlungen begangen. Sie ist nur mit den ‘falschen’ Leuten befreundet.

Sie wird gebeten, die olympischen Spiele, für die sie seit Jahren trainiert und sich vorbereitet hat, zu verlassen, weil ihr Freund aus der rechtsextremen Szene kommt, also das ist, was man landläufig als Neonazi bezeichnet.

Hallo? Gehts noch? Man wird von offiziellen Stellen gedisst oder ausgeschlossen, weil man entsprechende Leute kennt?

Wenn man die Berichterstattung der letzten Tage verfolgt, ist Nadja Drygalla selber wohl kein Neonazi. Sie ist nicht vorbestraft, hat keine strafbewehrten Dinge (Ausländer verprügelt oder Asylantenheime angesteckt und ähnliches) getan oder ist Mitglied in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei oder Gruppierung, sie hat sich sogar von der rechtsextremen Szene distanziert. Sie ist ‘nur’ mit einem Mann aus der Szene liiert. Vielleicht wirkt sie sogar positiv auf ihren Freund ein.

Darf man nicht befreundet sein mit wem man will, ohne dass man persönliche oder berufliche Konsequenzen befürchten muss? So ist sie bereits Ende September vergangenen Jahres freiwillig aus dem Polizeidienst ausgetreten – wie man liest, nach ‘intensiven Personalgesprächen‘.

Ok, Staats- und Polizeidienst müssen andere Messlatten an ihr Personal anlegen, aber wer sagt denn, dass so was jemandem in der Privatwirtschaft (z.B. einer Bank oder Versicherung) nicht auch passieren kann?

Man ist mit den ‘falschen’ Leuten befreundet und wird deswegen aus einem Verein ausgeschlossen, man verliert vielleicht seine Arbeitsstelle? Könnte mir vorstellen, dass solche Vorfälle und Ausgrenzungen Leute sogar in die Hände von Neonazis treiben. Wollen wir das? Ist das das unser Verständnis von Demokratie und Freiheit?

Die Frage, ob ihre Beziehung mit dem Neonazi dem Verband vor Olympia bekannt war oder nicht, ist müßig. Es ist nicht relevant. Schließlich geht es nicht um ihre eigene Gesinnung, sondern um die ihres Freundes.

Und diese Verlogenheit aus der Sport- und Realpolitik …

“Sie hat in dem Gespräch keinen Zweifel daran gelassen, dass sie voll und ganz hinter den Werten der Olympischen Charta steht.”

Michael Vesper, Chef de Mission

Na also. Aber trotzdem legt man ihr die Heimreise nahe. Nur keine Angriffsfläche bieten. Man stelle sich nur die Schlagzeilen in der internationalen Presse vor: Deutschland schickt Nazis zu Olympia … Und das in diesen Zeiten, wo Deutschland – wegen Eurokrise, EZB, ESM und so – eh schon der Buhmann ist.

“Ich habe eine persönliche Bitte: Treffen Sie die Unterscheidung zwischen diesem Einzelfall und unserer Olympiamannschaft. Es hat keiner aus der Olympiamannschaft verdient, in diese Sache hineingezogen zu werden. Das hat mit unserer Mannschft, die sich klar zu unserem Motto ‘Wir für Deutschland’ bekennt, nichts zu tun. Ich bitte, dies zu respektieren.”

DOSB-Präsident Thomas Bach

In welche Sache eigentlich? Und wenn sich jemand zum Motto ‘Wir für Deutschland’ bekennt, dann sind das ja wohl die Neonazis … (kleiner Scherz am Rande)

Wenigstens ihr Heimatverband stellt sich hinter sie. Richtig so.

“Nadja als Trojanisches Pferd der Neonazis im Achter darzustellen, ist abenteuerlich.” (…) “Ich kann nicht beeinflussen, an wen ein junges Mädchen ihr Herz verschenkt.”

Hans Sennewald, Präsident des Landesruderverbandes

 
“Wir können doch die Sportlerin nicht in Sippenhaft nehmen, die Top-Leistungen bringt, unseren Ehrenkodex unterschrieben hat und sich nicht aktiv in der Szene beteiligt.”

Torsten Haverland, Geschäftsführer des Landessportbundes Mecklenburg-Vorpommern

Für Nadja Drygalla ist Olympia und vielleicht auch ihre Karriere vorbei. Aber Hauptsache man hat sich politisch korrekt verhalten.

Deutschland und seine Vergangenheitsbewältigung. Irgendwie krank.

 


kommentare : Comments Off on Drygalla